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Ein Windmesser ist ein präzises Messinstrument zur Erfassung der Windgeschwindigkeit und -richtung, das in der Windkraftbranche eine zentrale Rolle spielt. Die gewonnenen Daten sind essenziell für die Planung, den Betrieb und die Effizienzoptimierung von Windenergieanlagen. Ohne exakte Windmessungen wären weder Standortanalysen noch die Steuerung moderner Turbinen möglich.

Allgemeine Beschreibung

Ein Windmesser – fachsprachlich als Anemometer (griech. anemos = Wind) bezeichnet – erfasst physikalische Parameter des Windes, primär dessen Geschwindigkeit und Richtung. Die Funktionsweise basiert auf mechanischen, thermischen oder akustischen Prinzipien, wobei in der Windkraft vorrangig mechanische Systeme wie Schalenkreuz- oder Flügelradanemometer zum Einsatz kommen. Diese Geräte wandeln die kinetische Energie des Windes in eine messbare Drehbewegung um, die elektronisch ausgewertet wird.

Moderne Windmesser arbeiten oft mit Ultraschalltechnologie, die durch Laufzeitdifferenzen von Schallwellen zwischen Sensorpaaren die Windgeschwindigkeit in drei Dimensionen bestimmt. Solche Systeme bieten Vorteile wie wartungsfreien Betrieb und Echtzeitdatenübertragung, was sie besonders für Offshore-Windparks attraktiv macht. Die Messgenauigkeit liegt typischerweise bei ±0,1 m/s (gemäß IEC 61400-12-1), wobei Kalibrierungen in zertifizierten Windkanälen regelmäßig durchgeführt werden müssen.

Die erfassten Daten werden in SI-Einheiten ausgegeben: Windgeschwindigkeit in Metern pro Sekunde (m/s), Richtung in Grad (°) relativ zu Nord. Für die Windkraft sind zusätzlich Parameter wie Turbulenzintensität oder Windscherung relevant, die durch spezialisierte Sensoren oder Lidar-Systeme (Light Detection and Ranging) ergänzt werden. Die Integration dieser Daten in SCADA-Systeme (Supervisory Control and Data Acquisition) ermöglicht eine dynamische Anpassung der Turbinenausrichtung und Rotorblattwinkel.

Historisch gehen erste Beschreibungen von Windmessern auf Leon Battista Alberti (1450) zurück, während die Standardisierung im 19. Jahrhundert durch Robinson's Schalenkreuzanemometer vorangetrieben wurde. Heute sind digitale Anemometer mit Datenloggern Standard, die über Jahre hinweg Klimadaten für Windgutachten sammeln – eine Grundvoraussetzung für die Finanzierung von Windprojekten nach den Richtlinien der IEC 61400-Normenreihe.

Technische Details

Mechanische Windmesser bestehen aus drei oder vier halbkugelförmigen Schalen, die auf einem vertikalen Rotor montiert sind. Die Drehfrequenz ist proportional zur Windgeschwindigkeit und wird über optische oder magnetische Sensoren erfasst. Die klassische Formel zur Berechnung lautet:

v = k · n + c, wobei v die Windgeschwindigkeit (m/s), n die Drehfrequenz (Hz), k die Kalibrierkonstante (m/Hz) und c der Offset (m/s) sind. Hochwertige Geräte erreichen eine Startgeschwindigkeit von unter 0,5 m/s und messen bis über 60 m/s (Sturmkategorie).

Ultraschallanemometer nutzen vier paarweise angeordnete Sensoren, die Schallimpulse in beide Richtungen senden. Die Laufzeitdifferenz Δt zwischen gegen- und mitlaufender Welle korreliert mit der Windgeschwindigkeit v über die Schallgeschwindigkeit c (ca. 343 m/s bei 20°C): v = (c² · Δt) / (2L), wobei L der Abstand der Sensoren ist. Diese Technologie eliminiert bewegliche Teile und ermöglicht Messungen bis 0,01 m/s Genauigkeit.

Für die Windrichtungsmessung kommen oft Windfahnen mit Potentiometern oder digitale Kompassmodule zum Einsatz, die die Ausrichtung mit ±1° Präzision bestimmen. Kombinierte Sensoren (z. B. Thies Clima oder Vaisala WTX530) integrieren zusätzlich Temperatur-, Luftfeuchte- und Druckmessung, um die Luftdichte für die Leistungskurve von Windturbinen zu korrigieren – ein kritischer Faktor für die Jahresenergieprognose (AEP, Annual Energy Production).

Anwendungsbereiche

  • Standortbewertung: Langzeitmessungen (mind. 12 Monate) mit Mastanemometern in 100–150 m Höhe liefern Daten für Windgutachten nach MEASNET- oder IEC-Standards, die Banken für Finanzierungsentscheidungen fordern.
  • Turbinensteuerung: Echtzeitdaten von Nabensensoren passen den Pitch-Winkel der Rotorblätter an, um die Leistung zu optimieren und mechanische Lasten bei Böen zu reduzieren (z. B. Siemens Gamesa D7-Plattform).
  • Offshore-Monitoring: Schwimmende Lidar-Systeme (z. B. ZephIR 300) ersetzen teure Messmasten und erfassen Windprofile bis 200 m Höhe für die Planung von 15-MW-Turbinen wie der Vestas V236-15.0 MW.
  • Forschung & Entwicklung: Windkanaltests mit hochauflösenden Anemometern (z. B. Dantec Dynamics HWA-Systeme) analysieren Strömungsphänomene wie Tip-Vortices zur Geräuschreduktion.
  • Wartung & Sicherheit: Mobile Handanemometer (z. B. Kestrel 5000) prüfen Arbeitsbedingungen für Techniker auf Türmen gemäß DGUV Vorschrift 3 (elektrische Sicherheit bei Windgeschwindigkeiten über 12 m/s).

Bekannte Beispiele

  • Schalenkreuzanemometer Thies First Class Advanced: Referenzgerät für Windgutachten mit IEC-Klasse 1 Genauigkeit (±1% bei 8–16 m/s), eingesetzt in über 80% der deutschen Onshore-Projekte (Quelle: WindGuard Certification).
  • Ultraschallanemometer Gill WindMaster Pro: 3D-Sensor für Turbulenzmessungen in komplexem Gelände, genutzt im Alpha Ventus-Offshore-Testfeld (Nordsee).
  • Lidar-System Leosphere WindCube: Bodenbasiertes Fernmessgerät mit 10 km Reichweite, validiert für Power Curve Verification nach IEC 61400-12-1.
  • Historisches Robinson-Anemometer: Das 1846 entwickelte Vier-Schalen-Design bleibt bis heute Basis für mechanische Messgeräte (z. B. in Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes).

Risiken und Herausforderungen

  • Vereisung: Bei Temperaturen unter 0°C können Schalenanemometer blockieren oder falsche Werte liefern; beheizte Modelle (z. B. NRG IceFree3) erhöhen die Betriebssicherheit um bis zu 95% (Studie: Fraunhofer IWES, 2020).
  • Turbulenzeffekte: Nah an Turbinen oder Gebäuden verzerren Verwirbelungen die Messwerte; die IEC 61400-12-1 schreibt Mindestabstände vor (z. B. 2,5 × Rotordurchmesser).
  • Datenqualität: Fehlkalibrierungen oder Vibrationen an Masten führen zu systematischen Fehlern; regelmäßige Vergleichsmessungen mit Referenzanemometern sind Pflicht.
  • Kosten: Hochpräzise Lidar-Systeme verursachen Investitionen von bis zu 200.000 € pro Einheit, während mechanische Anemometer ab 1.500 € erhältlich sind – eine Abwägung zwischen Genauigkeit und Budget.
  • Cybersicherheit: Vernetzte Sensoren in SCADA-Systemen sind Ziele für Angriffe; die BSI-Richtlinie TR-03116 fordert Verschlüsselung und Zugriffskontrollen.

Ähnliche Begriffe

  • Windfahne: Misst ausschließlich die Windrichtung (keine Geschwindigkeit) und wird oft mit Anemometern kombiniert, z. B. in Wetterstationen.
  • Lidar (Light Detection and Ranging): Optisches Fernmessverfahren, das Windprofile über Laserpulse erfasst – alternativ zu Mastanemometern, aber mit höherer räumlicher Auflösung.
  • Sodar (Sonic Detection and Ranging): Akustisches Pendant zu Lidar, das Doppler-Effekte von Schallwellen nutzt; günstiger, aber anfälliger für Störgeräusche.
  • Windprofil-Lidar: Spezialisierte Lidar-Systeme (z. B. Leosphere WindCube Scan), die horizontale und vertikale Windscherung in 3D kartieren.
  • Barometer: Misst Luftdruck (in hPa), indirekt relevant für Windvorhersagen, aber kein Windmesser im engeren Sinne.

Zusammenfassung

Windmesser sind unverzichtbare Instrumente in der Windkraft, die durch präzise Erfassung von Geschwindigkeit, Richtung und Turbulenz die Grundlage für wirtschaftliche und sichere Windenergieprojekte bilden. Mechanische Schalenkreuzanemometer dominieren zwar nach wie vor in der Praxis, doch Ultraschall- und Lidar-Technologien gewinnen insbesondere für Offshore-Anwendungen und komplexe Geländebedingungen an Bedeutung. Die Herausforderungen reichen von technischen Limitationen wie Vereisung bis zu wirtschaftlichen Aspekten wie den hohen Kosten moderner Messsysteme. Letztlich hängt die Effizienz einer Windenergieanlage maßgeblich von der Qualität der Winddaten ab – und damit von der Wahl des richtigen Windmessers.

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